Die ersten Selbsthilfegruppen im heutigen Sinne waren die "Anonymen Alkoholiker (AA)". Sie sind 1935 in den USA entstanden. Ihren Namen haben die Gruppen von dem Grundprinzip der Anonymität, d.h. die Gruppenmitglieder stellen sich in den Sitzungen ("Meetings") nur mit ihrem Vornamen vor. Es gibt keine Mitgliederlisten oder formale Beitrittserklärungen. Betroffene können an jedem Meeting an jedem möglichen Ort teilnehmen, wenn sie es wünschen. Seit langem existieren Anonymous-Gruppen auch im Bereich der Drogen- und Medikamentenabhängigkeit (Narcotics Anonymous - NA), der seelischen Störungen (Emotions Anonymous - EA), der Essstörungen (Overeaters Anonymous - OA). Weitere Beispiele sind: CoDA (Codependents Anonymous), BA (Borderliner Anonymous), SLAA (Sex- and Love-Addicts Anonymous). Die Regeln innerhalb dieser Gruppen sind fast ohne Veränderungen von den Anonymen Alkoholikern übernommen worden. Am Beginn der "Genesung" steht entsprechend dem sogenannten „Zwölf-Schritte-Programm“ das Eingeständnis der eigenen individuellen Ohnmacht und "der Glaube, dass eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere geistige Gesundheit wiedergeben kann". Die "Meetings" finden wöchentlich statt, manchmal auch öfter. Die Leitung wechselt.
Vor allem im Bereich chronischer körperlicher Erkrankungen und Behinderungen gibt es seit langem Selbsthilfeorganisationen, die bereits verschiedene Organisationsebenen haben. Am Anfang standen oft lokale Selbsthilfegruppen, die sich zu einem Verband zusammenschlossen, der sich auf Landes- oder Bundesebene eine Organisationsstruktur aufbaute. Diese Verbände versuchen wiederum, ein möglichst flächendeckendes Netz von lokalen Selbsthilfegruppen zu gründen. Die Treffen finden oft in größeren Zeitabständen statt, Informationsvermittlung untereinander und für Interessierte steht im Mittelpunkt. Die Treffen haben eher den Charakter von „Veranstaltungen“. Es gibt Mitglieder mit Leitungsaufgaben, die von der Organisation geschult und eingesetzt werden. Die unterschiedlichen Organisationsebenen ermöglichen verschiedene Aktivitäten. Der Bundes- oder Landesverband kann Lobbyfunktionen übernehmen, indem er Öffentlichkeit und Entscheidungsträger informiert und aufklärt, mit Krankenkassen über spezielle Leistungen verhandelt und anderes mehr. Es ist möglich, dass der Verband selber Hilfsangebote für Mitglieder und auch für Außenstehende schafft, die von Mitgliedern ehrenamtlich durchgeführt werden oder für die sogar ausgebildete Fachkräfte als Angestellte des Verbandes beschäftigt werden. Die regionalen Selbsthilfegruppen der Verbände nehmen ähnliche Aufgaben auf lokaler Ebene wahr. Sie laden z.B. Experten zu Vorträgen ein, bauen zu Ärzten und Kliniken Kontakte auf, sprechen Betroffene und die Öffentlichkeit über Faltblätter, Plakate und Informationsstände an. Oft werden Behandlungsaktivitäten organisiert (z.B. Wassergymnastik für Rheumatiker).
In den 1970er Jahren bildeten sich zunehmend kleine, autonome Selbsthilfegruppen, vor allem im Bereich seelischer Störungen wie Ängste und Depressionen, Befindlichkeits- und Kontaktstörungen, Partnerprobleme, Essstörungen, aber auch zur Bewältigung der Folgen chronischer körperlicher Erkrankungen. Zentrales "Arbeitsmittel" ist das persönliche Gespräch. Von Gruppenmitgliedern werden hauptsächlich folgende Punkte genannt, was ihnen an der Gruppenarbeit gut tut:
In diesen meist kleinen Gruppen werden ganz persönliche Dinge besprochen, die einen vertrauensvollen Gruppenrahmen voraussetzen. Die Sitzungen finden oft wöchentlich statt. Eine regelmäßige Teilnahme wird erwartet.Im Gegensatz zu allen sonstigen Erfahrungen mit Ärzt:innen, Therapeut:innen etc. wird das Gefälle zwischen Experte und Hilfesuchendem aufgelöst. Jedes Gruppenmitglied wird selber zum Experten für sein Leiden und seine Lebensgestaltung.
Selbsthilfe findet seit einigen Jahren auch im Internet statt in Form von Foren, Mailinglisten und Chat-Räumen. Es ist strittig, ob diese Aktivitäten als Selbsthilfe zu bezeichnen sind, wenn die Teilnehmer nie zu einer persönlichen Begegnung zusammentreffen. Es gibt die Auffassung, daß es sich auch im Internet um Selbsthilfe handelt, die von der dann sogenannten „traditionellen“ Selbsthilfe unterschieden wird. Beide Formen schließen sich nicht aus und können sich ergänzen. In SH-Organisationen mit weit entwickelter Organisationsstruktur ist es schon fast selbstverständlich, dass „social media“ im Internet bereitgestellt werden.